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Recht und Zensur

Ist das Beharren auf Rechteabgeltung anmaßend und dessen Ergebnis Zensur?

Datum: 20.05.2019

Prolog: Die österreichischen ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament stimmten am 26. März geschlossen für die Reform. Die Abgeordneten der SPÖ mit Ausnahme der verletzungsbedingt abwesenden Karin Kadenbach stimmten dagegen, ebenso die Abgeordneten der Grünen und von NEOS. Die FPÖ-Abgeordneten enthielten sich der Stimme.

Bei der Abstimmung im EU-Rat am 15. April unterstützten 19 der 28 Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich den Vorschlag. Das entspricht 67,85 % der Mitgliedsstaaten bzw. 71,25 % der EU-Gesamtbevölkerung. Erforderlich für den Beschluß war die Zustimmung von 55 % der Mitgliedstaaten, die gemeinsam 65 % der Gesamtbevölkerung ausmachen (Art. 238 AEUV) .

Erstens: Urheberrechtsrichtlinie


Urheberrechtsrichtlinie - so lautet die korrekte Bezeichnung, denn in Europa gibt es kein US-Copyright. Anders als in den USA, wo man Urheberrechte kaufen oder verkaufen kann, ist es hierzulande unveräußerbar und verbleibt bei der Komponistin oder beim Textautor.

Was vergeben werden kann, ist das Nutzungsrecht. Gegen eine Lizenzzahlung wird es etwa an einen Tonträgerproduzenten oder eine Rundfunkanstalt übertragen. Abgerechnet wird über Verwertungsgesellschaften. Das gilt – mit einigen Einschränkungen – auch für das verwandte Leistungsschutzrecht.

Zweitens: Leistungsschutz – die rote Linie


Hier scheiden sich die Geister. Denn Schallplattenfirmen erwerben das Leistungsschutzrecht von ihren Vertragskünstlern in der Regel über einen privaten Lizenzvertrag gegen eine Umsatzbeteiligung – und von Studiomusikern via Honorarnote, mit deren Bezahlung alle Verwendungen abgegolten sind.

Davon nicht betroffen ist unter andern die Rundfunksendung als eine klassische Zweitverwertung von Aufnahmen. Sender in Österreich rechnen dieses Recht mit der LSG ab. Diese Leistungsschutzgesellschaft verteilt die Gelder an die bei ihr gemeldeten Interpreten, und zwar auf Grundlage der Sendemeldungen. Nur was ein Sender genau und vollständig meldet, kann an den jeweiligen Mitwirkenden verteilt werden. Trotz großer Anstrengungen gibt es unvollständige Meldungen nach wie vor. In solchen Fällen ermitteln Spezialisten der LSG, was tatsächlich gesendet worden ist. Das ist Detektivarbeit. Sherlock Holmes läßt grüßen.

Die deutsche GVL geht einen anderen Weg. Seit der erzwungenen Systemumstellung vor einigen Jahren müssen Bezugsberechtigte selbst nachforschen und via Internet aus langen Titellisten jene Aufnahmen herauszufiltern, auf denen sie mitgewirkt haben. Das kann zu massiven Nachteilen führen.

Drittens: Der Goldrausch ist zu Ende


Urheberrecht gilt im Internet schon immer, es wurde bisher nur unterlaufen. Nutzer durften Inhalte herunter-  aber nicht hinaufladen. Große Online-Plattformen erlaubten das Hinaufladen, machten aber die jeweiligen Nutzer für den Erwerb der erforderlichen Rechte verantwortlich. Wie nennt man das? Kundenkriminalisierung? Wie dem auch sei, damit sollte es - dem Text der Richtlinie folgend – vorbei sein. Nun sind die Plattformen selbst für die Klärung der Rechte zuständig. Sie müssen zahlen, denn gratis werden ihnen professionelle Urheber und Interpreten ihr "Produkt" nicht mehr zur Verfügung stellen.

Resümee: I zahl nix


Bezahlen? Jetzt wird es kritisch. Zuerst heißt es immer: Wir zahlen nicht! Dann folgt ein langes Hin und Her: Okay, dann zahlen wir halt - aber ganz wenig! Aber auch hier ist die Richtlinie eindeutig: Lumpige Summen – 0,3 Cent – sind als Rechteabgeltung künftig zuwenig.

Ganz anders verhält es sich bei den Leistungsschutzrechten. Während Musikkonzerne am Onlinekuchen kräftig mitnaschen, gehen vor allem die Nebeninterpreten, etwa Studioinstrumentalisten und Chorsängerinnen – leer aus. Es wird daher niemand verwundern, daß die Interpreten eine gesetzliche Regelung wie bei Rundfunksendungen fordern: eine LSG-Lizenz für alle Online-Übertragungen ihrer Leistungen.

Nach dem endgültigen Beschluss der Richtlinie durch den EU-Rat am 15. April 2019 ist ein derartige, angemessene und faire Abgeltung aller Interpreten erstmals möglich. Nun ist der österreichische Gesetzgeber ist am Zug. Die nächste Runde ist eingeläutet.                               pps

 
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